3D-Text: Exzenter
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Einige kritische Anmerkungen zu einem technischen Hilfsmittel
welches - nicht ganz zu Recht - noch immer als ein sinnvolles
Ausstattungsfeature bei MTT- und Reha-Trainingsgeräten gilt
 

Was ist überhaupt ein Exzenter?

Ein Exzenter ist eine elipsoide Scheibe, welche als technisches Hilfsmittel bei den meisten konventionellen Trainingsgeräten Verwendung findet. Er ist mit der Bewegungsachse des Trainingsgerätes verbunden und überträgt über diese die Last des aufliegenden Trainingsgewichts auf das Druckpad des zu bewegenden Hebelarmes.


Wozu benötigt man einen Exzenter?

Es ist bekannt, dass jeder Muskel in bestimmten Gelenkwinkeln mehr, in anderen Winkeln weniger Kraft entfaltet. Würde ein Muskel an einem Gerät trainiert werden, welches ihm in jedem Winkel der Bewegung den gleichen Widerstand entgegensetzt, hätte dies theoretisch zur Folge, dass in manchen Winkeln möglicherweise eine Überforderung, in anderen hingegen eine Unterforderung des Muskels bestehen würde. Genau dies zu verhindern, ist Aufgabe eines Exzenters. Er soll gewährleisten, dass der Muskel möglichst über den ganzen Bewegungsweg hinweg mit dem adäquaten Drehmoment belastet wird.

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Wie funktioniert ein Exzenter?

Die aufgelegte Trainingslast wird über Seilzug, Kette oder Band auf den äußeren Rand der Exzenterscheibe übertragen. Dieser Rand verhält sich jedoch nicht in einem konzentrischen Radius zum Drehpunkt der Scheibe, sondern - daher der Name “Exzenter” - exzentrisch, d. h. mit veränderlichem Abstand vom äußeren Rand zur Drehachse. Die Distanz vom jeweiligen Ansatzpunkt des Gewichtes an der Scheibe zum Drehpunkt bestimmt die Länge des Hebelarmes, mit dem das Gewicht an der Scheibe zieht. Diese Distanz wird als Lastarm bezeichnet. Demgegenüber bestimmt die Länge des Hebelarmes, gegen den der trainierende Sportler oder Patient arbeitet, den sog. “Kraftarm”. Gemäß des Hebelgesetzes “Kraft x Kraftarm = Last x Lastarm” muß also weniger Kraft aufgewendet werden, wenn man über einen längeren Hebelarm für die Kraftentfaltung verfügt. Dieses Verhältnis ist Manchem vom eigenen Wagenheber bekannt: Hätte der Wagenheber nur einen kurzen Hebel, wäre ein Anheben des Wagens nur unter größter Anstrengung möglich, während dies mit langem Hebel sehr leicht gelingen würde.

Gleichermaßen überträgt der Exzenter ein hohes Drehmoment (m.a.W. mehr Last) auf die Drehachse, wenn das Gewicht über einen langen Lastarm, d. h. über einen Punkt der Scheibe mit größerer Distanz zum Drehpunkt auf die Bewegungsachse übertragen wird.

Animierte Grafik: Treppensteigen

Unsere Kniegelenke haben genug Streß...

Animierte Grafik: Gehen

...da braucht’s keinen Exzenter mehr!

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Exzenter an einem Technogym

Foto & Layout: Michael Lierke

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Wie entsteht ein Exzenter für ein Trainingsgerät?

Bei einfachen Fitness-Geräten hat man manchmal den Eindruck, die Form des Exzenters sei “aus dem hohlen Bauch heraus” entstanden. Namhafte Gerätehersteller berechnen ihre Exzenter jedoch sehr sorgfältig, teilweise mit Unterstützung der großen Labors verschiedener Sporthochschulen und Universitäten. In die Drehachse des zu untersuchenden Gerätes wird hierzu ein Meßsystem integriert, welches auftretende Drehmomente erfassen kann. Es wird hier nicht die Kraftentfaltung innerhalb einer dynamischen Bewegung, sondern die statische Maximalkraft gemessen. Hierzu sind mehrer Tests in verschiedenen Arbeitswinkeln über den gesamten möglichen Bewegungsbereich des Trainingsgerätes notwendig, um die Kraft des getesteten Muskels über die vollständige Bewegungsbahn beurteilen und in einem Kurvendiagramm darstellen zu können.

Bei wissenschaftlich exakter Vorgehensweise (Hier munkelt man, dass einige Gerätehersteller gern Kosten einsparen) werden wenigstens 32 Personen getestet, die in der Regel unter den Studenten der Sporthochschule rekrutiert werden. Die beiden Probanden, deren Kraftkurven im Vergleich zu den anderen Probanden die größte Abweichung nach oben bzw. unten aufweisen, werden bei der Messung nicht berücksichtigt, um den statistischen Fehler zu minimieren. Aus den Kraftkurven der übrigen 30 Probanden wird dann ein Mittelwert errechnet, der für die Konstruktion der Exzenterscheibe herangezogen wird.


Wie wirkt sich der Exzenter
auf den Verlauf der Kraftkurve aus?

Dies möchte ich hier am Beispiel des M. quadriceps femoris (Kniestrecker) veranschaulichen: Bei der Messung der statischen Maximalkraft entfaltet dieser Muskel, wenn er in sitzender Stellung (also bei ca. 90° Beugung der Hüfte) untersucht wird, etwa bei 70° sein Kraft-Maximum. Der Exzenter des Kniestreckgerätes wird daher so ausgelegt, dass eben genau bei diesem Winkel das maximale Drehmoment durch einen entsprechend langen Lastarm auf das Kniegelenk übertragen wird. Gegen Ende der Steckung ist die statische Maximalkraft des M. Quadriceps erheblich niedriger. Der lastarm wird daher hier kürzer ausgelegt und überträgt nur noch ein geringes zu überwindendes Drehmoment über den Exzenter auf die Drehachse des Gerätes.

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Eignet sich der Exzenter dann nicht auch
bestens für Reha-Trainingsgeräte?

Im Prinzip handelt es sich beim Exzenter um eine in vielerlei Hinsicht vorteilhafte Erfindung, die vor allem bei technisch einfachen Fitnessgeräten ihre Berechtigung hat. Man kann davon ausgehen, dass aktive Sportler, welche beispielsweise in Fitneßstudios an Geräten trainieren, über einigermaßen gesunde Gelenke verfügen. Was für einen gesunden Sportler unbedenklich ist, muß nicht zwangsläufig auch für einen verletzten Patienten gut sein. Dies wird spätestens dann deutlich, wenn ein Patient, welcher sich wegen einer Verletzung seines Kniegelenkes in Rehabilitation befindet, sein Training an einem Exzenter-Gerät schmerzbedingt abbrechen muß.

An dieser Stelle wage ich die Behauptung, dass ein großer Teil der im Training häufig auftretenden Schmerzen nicht durch die Übungsform als solche, sondern (wenn nicht durch ein inadäquat hohes Trainingsgewicht) auf das Funktionsprinzip des verwendeten Trainingsgerätes zurückzuführen ist. Dies soll kein Plädoyer für ein Training im sog. “offenen System” sein, welches im Falle des Kniegelenkes innerhalb der Physiotherapie ohnehin keinen allzu guten Ruf genießt. Vielmehr soll dies hier einfach als Beobachtung bei zahlreichen Patienten in den Raum gestellt werden. Dass es auch andere Möglichkeiten für ein Training des M. quadriceps femoris gibt, muß hier nicht erörtert werden.

Oft sind dann die Therapeuten ratlos, weil sie davon ausgingen, ihr teuer erworbenes “Reha-Trainingsgerät” sei für entsprechende Therapiemaßnahmen bestens geeignet. Den wenigsten Therapeuten ist leider bekannt, dass die Gerätehersteller praktisch keinerlei Auflagen hinsichtlich Biomechanik und Bewegungsphysiologie zu erfülen haben, um für ihre Geräte eine Zulassung für den Einsatz in der Rehabilitation zu erhalten. Dies wird schon allein daran deutlich, dass über 95 % aller, für ein Training der Kniestreckung zugelassenen Geräte den Patienten zwingen, diese Bewegung in einer vollständig aufgerichteten Sitzhaltung durchzuführen. Kaum ein Patient ist überhaupt dazu in der Lage, sein Kniegelenk in dieser außergewöhnlich ungünstigen Haltung überhaupt zur vollen Streckung zu bringen, ohne dass es zu einer Ausweichbewegung von Becken und Lendenwirbelsäule kommt, die auf eine Überdehnung der rückwärtigen Oberschenkelmuskulatur oder gar des Nervus Ischiadicus zurückzuführen ist.

Um eine Zulassung für die Rehabilitation zu erhalten, ist - neben einigen unwesentlichen technischen Details - lediglich eine TÜV-Abnahme und ein GS- bzw. CE-Zeichen erforderlich. Dies allein reicht völlig aus, um von den (auch) in technischen Dingen wenig bewanderten “Fachleuten” der Krankenkassen eine Unbedenklichkeitsbescheinigung zu erhalten. Selbst kompetente Therapeuten haben in der Regel in ihrer Ausbildung keine wesentlichen Kenntnisse über die speziellen Anforderungskriterien an medizinisch brauchbare Trainingsgeräte mit auf den Weg bekommen. Vor diesem Hintergrung haben die diversen Gerätehersteller und Vertriebsfirmen leichtes Spiel, selbst völlig unsinnige Kraftmaschinen als Reha-Trainingsgeräte erfolgreich zu vermarkten. Es scheint heute zu genügen, wenn ein Gerät weiß lackiert, bunt und bequem gepolstert und EAP-zugelassen ist, um die Kunden aus den Reihen der Therapeuten dazu zu bewegen, ein Mehrfaches des Preises für ein derartiges Gerät auszugeben, den ein Fitneßstudio für ein gleichwertiges Exemplar investieren würde.

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Worin besteht denn der Nachteil des Exzenters?

Im Prinzip liegt der Denkfehler der Hersteller bereits in der Entwicklungsphase. Es ist schlicht und einfach unmöglich, die physiologische Kraftkurve von gesunden Sportstudenten mit dem durchschnittlichen knieverletzten Patienten zu vergleichen, der sich in physiotherapeutischer Behandlung befindet. Jeder Therapeut weiß aus eigener Erfahrung, dass der Großteil aller Patienten mit Kniegelenksbeschwerden, unabhängig von der primären Diagnose, retropatelläre Beschwerden hat. Man benötigt nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, was mit der Gelenkfläche der Patella passiert, wenn diese ausgerechnet zwischen 60 und 80° Beugung mit der maximalen Belastung konfrontiert wird!

Der kardinale Denkfehler unterläuft den Geräteherstellern jedoch bei der Berechnung der Lastarmverhältnisse des Exzenters, welche mit statischen (isometrischen) Maximalkraftmessungen ermittelt werden. Trainiert wird an den Geräten schließlich nicht statisch, sondern dynamisch (isotonisch). Hiebei bestehen allerdings völlig andere Kräfteverhältnisse als diejenigen, die dem treinierenden Patienten/Sportler von einem Exzenter aufgezwungen werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Bewegung nicht langsam und gleichmäßig, sondern mit höherer Geschwindigkeit oder zumindest beschleunigt ausgeführt wird. Bewegungen mit höherer Geschwindigkeit sind ja innerhalb der Rehabilitation, wenngleich in der Regel mit geringer Last, durchaus nicht unüblich.

Dem Fußballer ist es völlig gleichgültig, dass sein Quadriceps bei 70° über die höchste statische Kraft verfügt. Niemals käme er auf die Idee, bei 70° Kniebeugung einen Ball zu schießen. Im optimalen Fall trifft er den Ball bei 0°, also am Ende des Beschleunigungsweges, wo der Quadriceps tatsächlich über die größte Kraft am Ende einer dynamisch beschleunigten Bewegung verfügt. Man stelle sich nur mal einen Fußballer an einem Kniestreckgerät mit Exzenter bei dieser Bewegung vor: Am Anfang der Bewegung, also dort, wo seine Kraft aufgrund des fehlenden Beschleunigungsweges am geringsten ist, hat er den maximalen Gerätewiderstand zu überwinden. Am Ende, also nach erfolgter Beschleunigung, wird seinem hier wirksamen Kraftmaximum ein derartig geringer Widerstand entgegengesetzt, dass der beschleunigte Hebelarm sein Bein, gleich einem Fußball verläßt, um dann - Bruchteile von Sekunden später - unweigerlich wieder auf der Tibiakante aufzuschlagen. Allein bei dem Gedanken hieran tut mir mein eigenes Knie bereits weh!

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   Resumee   .

Trainingsgeräte mit Exzenter haben sicherlich ihre Berechtigung im Fitneßbereich. Unter der Voraussetzung, dass an ihnen lediglich mit langsamer Geschwindigkeit und ohne Beschleunigung trainiert wird, wie dies beispielsweise beim Bodybuilding oft mit hohen Lasten praktiziert wird, stellen diese Geräte die derzeit beste Lösung dar.

I n der Therapie wird jedoch unter physiologischen Gesichtspunkten häufig mit kleinen Lasten, dafür aber mit hohen Geschwindigkeiten gearbeitet um bestimmte Faseranteile (z.B. schnellkräftiger Fasertyp FT II beim M. vastus medialis) der Muskulatur in ihrer Funktionsweise optimal ansprechen zu können. In dieser Situation sind Trainingsgeräte mit Exzenter absolut unbrauchbar, für den Patienten sogar gefährlich.

Wenn jedoch das Training an den Geräten, wie beispielsweise in der EAP vorgesehen, lediglich als wenig anspruchsvolles Sequenztraining mit unverletzten Körperabschnitten therapiebegleitend durchgeführt wird, sind Trainingsgeräte mit den oben beschriebenen Einschränkungen durchaus zu gebrauchen. Man sollte sich dann jedoch stets vor Augen halten, dass es sich bei diesen Geräten nicht um Reha-Trainingsgeräte handelt, sondern allenfalls um bessere Kraftmaschinen.

Aus diesem Grund verwenden wir in meiner Praxis Trainingsgeräte der Firma Germania aus Landau/Pfalz. Nicht nur, weil Germania alle meiner Geräte nach meinen eigenen Vorstellungen modifiziert und optimiert hat (entspricht inzwischen dem Serienstandard), sondern vor allem wegen des von Germania patentierten Systems der Kraft-Weg-Anpassung (KWA). Die KWA gestattet es dem Therapeuten, die Drehmomentkurve an den Geräten entweder dahingehend anzupassen, dass die Belastung mit zunehmender Beschleunigung zum Ende der Bewegung ansteigt, oder aber über die gesamte Bewegungsbahn konstant verläuft. Dies gewährleistet, dass letztlich immer noch das Therapeuten-Team unserer Praxis und nicht irgendein Gerätehersteller darüber befindet, in welcher Weise die an den Geräten trainierenden Patienten mit dem ausgewählten Trainingsgewicht konfrontiert werden. Hilfreich ist dies gerade bei Gelenken, bei denen im verletzten Zustand Winkelbereiche in größerer Beugung weniger stark belastbar sind. Dies ist insbesondere beim Kniegelenk der Fall.

Dass die Geräte hierüber hinaus auch von allen Krankenkassen für den Einsatz in der Rehabilitation und der EAP zugelassen sind, mag für die Werbebroschüren von Germania vorteilhaft sein, ist aber im Prinzip völlig belanglos. Mir reicht schon das beruhigende Gefühl, dass unsere Patienten an diesen Geräten nicht den Gefahren ausgesetzt sind, die viele Therapeuten ihren Patienten in völliger Unkenntnis grundlegender Gesetztmäßigkeiten der Biomechanik an absolut ungeeigneten Trainingsgeräten zumuten.

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